Wer modernes Workforce-Management will, muss die Personaldienstleister mitmachen lassen.
So lassen sich Schichtunterdeckungen strukturell vermeiden.
Wichtiger denn je. Ein Praxisbericht.
Schritt 1: Von den Kunden her denken
Der Kunde ist König. Wer unterschreibt das nicht? Doch warum schauen dann viele Zeitarbeitsunternehmen so sehr auf sich, anstatt den Kunden zum Teil der eigenen Prozesse zu machen? Schließlich entsteht der Perssonaldienstleistungsbedarf immer aus einer Personal- und/oder Schichtplanung beim Einsatzunternehmen.
Ein Perspektivwechsel: Was bedeutet eine nicht vollständig besetzte Schicht für die Einsatzunternehmen? Im besten Falle gleichen das die anderen Kollegen mit Überstunden aus. Doch auf Dauer erzeugt das höhere Krankenquoten und im schlechtesten Fall verzögern sich Liefertermine in der Produktion, die nicht selten mit Vertragsstrafen belegt sind. Roland Günther, Gründer von EVINT und geistiger Vater der gleichnamigen Workforce-Plattform bringt es auf den Punkt: „In der Logistik bleiben bei Schichtunterdeckungen LKW stehen, wenn sie nicht rechtzeitig be- und entladen werden. Für den Logistiker können dann im Extremfall Folgeaufträge ausbleiben.“ All dies ist teuer und schlecht für das Unternehmen.
Damit es zu solchen Ausfällen nicht kommt, bezieht die Nagel Group, ein führender Logistikdienstleister für die Lebensmittelindustrie, die Zeitarbeitsunternehmen in die eigene Planung mit ein – und zwar digital. „Wir haben den kurzfristigen Koordinierungsaufwand als großen Zeitfresser identifiziert“, sagt Christian Voß, Manager Procurement HR Services. Heute melden die Schichtleiter lediglich einmal die Bedarfe in EVINT und die angeschlossenen Personaldienstleister können sofort geeigneten Kandidaten anbieten. „Indem einmal der Bedarf mit der gewünschten Qualifikation, der Zeit und dem Einsatzort erfasst ist, sparen Einsatzunternehmen und Dienstleister etliche Stunden an Koordinationsaufwand“, so Voß weiter. Für die Nagel Group verbessert sich die operative Steuerung erheblich. Und jeder der gelisteten Personaldienstleister hat die Chance, den Auftrag zu bekommen, wenn er schnell genug ist. Der Bedarf ist ganz konkret, der Kontakt bleibt auf der EVINT-Plattform direkt, die Technik transparent im Hintergrund.
Schritt 2: Disponierfähigkeit steigern
Perspektivwechsel zurück: Wenn Anfragen so konkret sind wie in dem beschriebenen Fall, kommt es darauf an, die Disponierfähigkeit als Personaldienstleister zu steigern. Typischerweise sind nur 10-15 Prozent der eigenen Zeitarbeitnehmer kurzfrisitg verfügbar. Die Pool-Qualität schwankt sehr, was nochmal ein Thema für sich ist, so dass ein großer Teil kurzfristiger Anfragen aus dem laufenden Rekrutierungsprozess besetzt werden muss. Dafür ist es erforderlich, dass Informationen über Kundenbedarfe schnell beim Recruiting sichtbar werden. „Das Ziel, die Datenkreisläufe zwischen Kundenbedarf und Recruiting für die Personaldienstleister zu verbinden, war ein wichtiger Grund warum wir uns mit German Personnel, Compana und EVINT zusammengeschlossen haben“, erklärt Alexander Sadek, Gründer und Geschäftsführer von AVAX, einer von Personaldienstleistern häufig eingesetzten VMS-Lösung (Vendor Management System). „Darüber hinaus stehen wir alle für offene Schnittstellen und offene Software-Ökosysteme. Das ist mir sehr wichtig“, so Sadek weiter.
Schritt 3: Rekrutierung stärker an Kundensegmenten ausrichten, Innovationspotential nutzen
Wenn Einsatzunternehmen ihren Personaldienstleistern die Bedarfe über ein VMS-System zeigen und es um Einsätze innerhalb von wenigen Tagen geht, wird die Reaktionsgeschwindigkeit zum wichtigsten Faktor, der über den Besetzungserfolg entscheidet. Im Extremfall lassen sich sogar Preissteigerungen erzielen, beispielsweise indem „Liefergarantien“ gegeben werden können. Ob diese Garantien über die Verrechnungssätze abgebildet werden oder separat vergütet, sei dahin gestellt. Konsequent umgesetzt können Niederlassungen kontinuierlich Kandidaten in den typischen gesuchten Qualifikationen vorrekrutieren und einstellen. Wenn im Pool zudem Zeitarbeitnehmer oder Kandidaten per App oder Messenger kurzfristige Jobs annehmen können, wird die Rekrutierung für A-Kunden zielgerichteter und die so wichtige Kennzahl der Kosten pro Einstellung (Cost per Hire) verbessert sich über die konkreten Maßnahmen beim Posting der Stellenanzeigen hinaus auch durch andere Maßnahmen.
Schritt 4: VMS als Element für Prozessbeschleunigung bei Personaldienstleistern erkennen
„Als die ersten VMS-Systeme von großen Konzernen eingeführt wurden, galten sie nicht selten als zusätzliche Geißel unter den Personaldienstleistern, die schon unter einem immensen Kostendruck zu leiden hatten“, erinnert sich Roland Günther, der diese leidvolle Erfahrung als IT-Leiter eines namhaften Zeitarbeitsunternehmens machen musste. Die Personaldienstleister mussten den Stückf für Stück die Profile erstellen und hochladen, abgeleitet vom Ikea-Prinzip bei dem der Kunde dafür zahlt, die Schränke selber aufbauen zu dürfen.
„Das Bewusstsein, dass das für alle Beteiligten besser gehen muss, war einer der Gründe, warum ich mich dann selbständig gemacht und EVINT entwickelt habe“, so Roland Günther weiter. So entstand eine echte Softwareplattform in der Cloud für Workforce Management, auf der Kunden ihre Zusammenarbeit organisieren können und Personaldienstleister wie in der realen Welt je nach Kundenszenario gleichzeitig normaler Lieferant, Master Vendor oder auch Co-Lieferant sein können.
Schritt 5: Konsequente Automatisierung, um Zeit für Dienstleistung zu schaffen
Durch die große Funktionstiefe von EVINT können viele klassische Papieraufgaben schon heute automatisiert werden. Digitale Verträge, Zeiterfassung oder Abrechnung durch Gutschriftverfahren machen es möglich. Anders als bei den meisten Software-as-a-Service-Modellen für Personaldienstleister, gibt es nur eine „EVINT“-Plattform für alle, auf der hunderte Einsatzunternehmen und Personaldienstleister ihre Zusammenarbeit organisieren – bis zur Übermittlung von Bruttolohndaten an Lohnabrechnungslösungen.
„Inzwischen hat sich die Wahrnehmung verändert“, ergänzt AVAX-Gründer Alexander Sadek. Nicht nur große Einsatzunternehmen wollen für sich die Vorteile des digitalen Workforce Managements für sich nutzen. „Die Personaldienstleister, die unsere Lösungen strategisch nutzen, werden digitaler und holen sich auf diese Weise wieder die Hoheit über die eigenen Prozesse zurück“, so Sadek weiter. Das gemeinsame Ziel zusammen mit den Schwesterunternehmen German Personnel und Compana: Personaldienstleistung in Echtzeit ermöglichen als neutraler Partner auf einer Plattform.